Sawhoyamaxa: Rückschritte nach historischer Enteignung

Der Rückübertragung des Territoriums an die indigene Gemeinde von Sawhoyamaxa steht eigentlich nichts mehr im Wege. Mit der Unterzeichnung des Gesetzes Nummer 5194 durch den Präsidenten Horacio Cartes am 11. Juni 2014 ist die Enteignung der Ländereien rechtskräftig. Die für die Enteignung festgelegte Summe wurde vom Institut für indigene Angelegenheiten INDI (Instituto Paraguayo del Indigena) auf einem dafür eingerichteten Konto hinterlegt. Die Zahlung ist somit gewährleistet. Nichtsdestotrotz wird der tatsächlichen Rücküberführung des Landes an die indigene Gruppe Steine in den Weg gelegt. Die Rückübertragung wird verschleppt und die Justiz spielt dem deutschen Großgrundbesitzer dabei in die Hand. Der ehemalige Eigentümer Roedel besitzt keinerlei legalen Anspruch mehr auf die Ländereien und ist verpflichtet diese zu räumen. Dieser juristischen Anordnung kommt er jedoch nicht nach. Bis heute halten sich Angestellte der Firma Roedels widerrechtlich – und zum Teil bewaffnet - auf dem Landstück auf, roden Bäume und tragen das Holz ab. Ein Kahlschlag des dortigen Waldes stellt jedoch eine große Gefahr für das Recht auf Nahrung der Sawhoyamaxa dar und beeinträchtigt massiv ihre Möglichkeiten, ein selbstbestimmtes Leben entsprechend ihrer Kultur zu führen. Die Dorfgemeinschaft reichte daher am 24. April 2015 eine Beschwerde gegen die Invasion ihrer Ländereien durch Roedels Firma bei der Generalstaatsanwaltschaft ein. Roedel hatte seinerseits bereits im September 2014 eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz der Enteignung eingereicht. Diese wurde jedoch vom Gericht abgewiesen und bekräftigte die Enteignung als rechtmäßig und gültig. Im Januar 2015 reichte Roedel widerholt eine Verfassungsbeschwerde gegen die Enteignung ein, die überraschenderweise vom Gericht akzeptiert wurde. Diese Vorgehensweise des Gerichts ist äußerst zweifelhaft, da nach paraguayischem Recht die erste Ablehnung der Verfassungsbeschwerde rechtsgültig ist und ein erneuter Einspruch nicht möglich ist. Als Julia Cabello, Anwältin der Menschenrechtsorganisation Tierraviva und juristische Repräsentantin der indigenen Gemeinde Sawhoyamaxa, öffentlich ihr Befremden über die Zulassung dieser zweiten Beschwerde geäußert hatte und auf die Rechtswidrigkeit der Justiz hinwies, wurde gegen sie ein administratives Ermittlungsverfahren im Februar eingeleitet. Dieses Ermittlungsverfahren kann eine zeitweise Aufhebung der Arbeitserlaubnis der Anwältin zur Folge haben. FIAN bewertet dieses Vorgehen der Justiz als einen Versuch, MenschenrechtsverteidigerInnen einzuschüchtern und zu kriminalisieren. Der Fall Sawhoyamaxa zeigt, wie schwierig und langwierig es ist, das Recht der Menschen auf Land und Nahrung in die Realität umzusetzen, auch wenn dieses Recht von der Justiz und Politik pro forma anerkannt wird. Er zeigt auch, wie notwendig die Beobachtung der internationalen Öffentlichkeit ist.

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