Artikel zum Thema Agrartreibstoffe

23. Juni 2019 | Das Land ist unser Leben, unsere Identität, unser Erbe! Die Frauenorganisation der Guarani-Kaiowá und der Kampf um indigenes Land in Brasilien

Sonntag, 23.06.2019, 17 Uhr    (Achtung: Datum geändert!)
Vorher, ab 16 Uhr: Soli-Essen und Trinken       

Ort: Interkulturelles Frauenzentrum S.U.S.I.
Bayerischer Platz 9/Innsbrucker Str. 58, 10779/10825 Berlin

Janete und Alenir Guarani-Kaiowá aus Mato Grosso do Sul (Brasilien) berichten über den Kampf für die Demarkierung ihres traditionellen Landes, gegen die Interessen der Agrarindustrie, und über die Kuñangue Aty Guasu, die Frauenorganisation der Guarani-Kaiowá. Diese fordert die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen ebenso ein wie den Respekt für das indigene Leben und die Umwelt (insbesondere im Angesicht der Demontage indigener Institutionen unter der aktuellen Regierung). Als Frauen sind sie zudem besonders betroffen von rassistischer Diskriminierung und der zunehmenden Gewalt. Dagegen organisieren sie sich z.B. durch Stärkung ihrer traditionellen Religion und Medizin.

Wir wollen auch die Verantwortung Deutschlands beleuchten – als Importeur von Agrarrohstoffen und Sitz multinationaler Agrarkonzerne wie Bayer und BASF.

Veranstalter: Guarani Kaiowá Support Network, FIAN, Quilombo Ayé, Coletivo Caipora, Gesellschaft für bedrohte Völker, FDCL, CIMI, Abá; Unterstützt durch: Klima-Bündnis, Katholischer Fonds, Stiftung Umverteilen, Europäische Union, S.U.S.I.

Veranstaltungen in anderen Städten:

Mainz

Frankfurt (siehe auch hier und fb)

Köln

Hamburg

Klimafest Aarau

Basel

Graz

14. Mai 2013 | Schrei nach Land“ – Ölpalmen, Landgrabbing und Repression in Honduras

Film und Vortrag mit Giorgio Trucchi (Korrespondent der Nahrungsmittelgewerkschaft REL-UITA, Nicaragua)

Bauern am Bajo Aguán

Quelle: hondurasdelegation | Copyright: Kirstin Büttner

Rund um den Globus nimmt die agroindustrielle Massenproduktion immer weiter zu. Von großen Agrarunternehmen werden auf dem Weltmarkt gefragte Produkte auf riesigen Flächen in Monokulturen produziert. Ein Beispiel für die globalisierte Produktion von agrarischen Rohstoffen ist Palmöl. Palmöl ist als „Allroundmaterial“ in jedem zweiten Supermarktprodukt enthalten, vor allem in Lebensmitteln, Kosmetika und Reinigungsmitteln. Der Boom der Agrotreibstoffe führte in den letzten Jahren zur starken Ausdehnung der Produktion für Biodiesel.

In Honduras will sich der Palmölkonzern Dinant des Agroindustriellen Miguel Facusse mit allen Mitteln neue Flächen aneignen. In den letzten Jahren wurden 88 Kleinbauern, Gewerkschafts-vertreter und Rechtsanwälte ermordet, die sich für den Landbesitz der Kleinbauern am Unterlauf des Rio Aguán einsetzten. Bewaffnete Sicherheitskräfte des Konzerns Dinant waren direkt in die Gewalttaten gegen die Bauernorganisationen verwickelt. Zuletzt wurden im Februar 2013 zwei Bauernaktivisten gefoltert und ermordet. Diese Missachtung von Menschenrechten in Honduras ist eine Folge des Militärputsches von 2009, mit dem sich Großgrundbesitzer und Konzerne zu den unbeschränkten Herrschern über das Lands machen wollten.

Extreme Menschenrechtsverletzungen und die Verbreitung von Monokulturen geschehen nicht einfach so ohne Einfluss von außen. Über Kreditanträge von Agro-Konzernen wie Dinant entscheiden die Vertreter der Bundesregierung als wichtige Anteilseigner der Weltbank mit. Genauso wichtig wie die Einmischung in finanzpolitische Entscheidungsstrukturen ist die öffentliche Thematisierung solcher Menschenrechtsverletzungen.

Giorgio Trucchi lebt und arbeitet seit vielen Jahren in Zentralamerika. Er ist Journalist/Korrespondent für die Nahrungsmittel-Gewerkschaft REL-UITA. In seinem Dokumentarfilm „Schrei nach Land“ zeigt er die Bedrohung, Unterdrückung und Kämpfe der Kleinbauern in der Region Bajo Aguán / Honduras und berichtet in seinem Vortrag über die Auswirkungen von Monokulturen, agroindustrieller Massenproduktion, das Engagement der Bauernorganisationen für den Erhalt ihres Landes, für Nahrungsmittelsicherheit und gegen die Vergiftung der Anbauflächen und die Kriminalisierung des Widerstandes.

Weitere Informationen:
Fact Sheet von FIAN Deutschland zum Fall Bajo Aguán

Zeit: 19:30 Uhr
Ort: Veranstaltungsraum im FDCL, Aufgang 3, 5. Stock, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin
Veranstalter: INKOTA-netzwerk e.V., FDCL e.V., CADEHO, Lateinamerika Nachrichten

Die Rundreise wird organisiert von: Nicaragua Forum Heidelberg
Die Rundreise wird unterstützt von: Stiftung Umverteilen, Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten, Aktion Selbstbesteuerung, FIAN Deutschland /FIAN International
Die Veranstaltung wird realisiert mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und des BMZ.

21. April 2012 | McPlanet an der TU Berlin

Workshop „Landkonflikte und die wachsende Nachfrage nach Agrar­rohstoffen – Der Kampf der Guarani Kaiowá in Brasilien“

Wir zeigen die Probleme und Landkonflikte, die durch die international steigende Nachfrage nach Agrarrohstoffen (wie Soja, Zuckerrohr) verursacht werden, auf. Ein Teil des Workshops ist der Film „The Dark Side of Green“, mit dem wir die Problematik an einem konkreten Fall veranschaulichen wollen.

„The Dark Side of Green“ zeigt die Auswirkungen des Soja- und Bioethanol-Booms auf die Lebensgrundlage der Guarani Kaiowá, die durch die wachsende Nachfrage nach „grünen, alternativen“ Treibstoffen verschärft Opfer von Landvertreibungen und Menschenrechtsverletzungen werden. Wir wollen auch über Alternativen, Lösungsansätze und Möglichkeiten, von hier aus aktiv zu werden, diskutieren.

Mit: Angelika Schaffrath-Rosario (FIAN Berlin, AK Agrar), Bea Wittger (Amnesty Kogruppe Brasilien), Nadja Saborowski (Survival International Deutschland)

Der hohe Preis des Palmöls – Menschenrechtsverletzungen und Landkonflikte in Indonesien

Es taucht als „pflanzliches Öl“ in vielen Lebensmitteln auf, ebenso in Seifen, Kosmetika und Waschmitteln, und es wird zur Beimischung in Agrartreibstoffe verwendet – Palmöl ist ein wertvoller Rohstoff. Eine stetige Nachfrage auf dem Weltmarkt macht den Palmölanbau zu einem lukrativen Geschäft. Indonesien ist in den letzten Jahren zum weltweit größten Hersteller von Palmöl geworden und beliefert gemeinsam mit Malaysia knapp 90 % des Weltmarkts.

Der Palmölanbau geht zu Lasten der Regenwälder und provoziert Landkonflikte. Politiker und Polizei agieren dabei meistens auf der Seite der Plantagenbetreiber. Viele Landkonflikte in Indonesien entstehen dadurch, dass Landtitel doppelt vergeben werden und die Zuständigkeiten nicht klar geregelt sind. Während die lokale Bevölkerung ihre Landtitel auf Dorf- und Unterdistriktsebene erhält, stellen Firmen und Plantagenbesitzer ihre Anträge auf Provinz- oder Distriktebene.

Einige Firmen der indonesischen Palmölindustrie sind Mitglieder des Runden Tisches für Nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil – RSPO), einem Zusammenschluss von Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen, der sich bemüht, „nachhaltige“ Anbaumethoden zu fördern und Arbeiterrechte zu achten. Leider zeigen konkrete Fallbeispiele, dass die Firmen massiv gegen die Prinzipien des RSPO verstoßen, ohne dass sie mit Sanktionen belegt wurden.

Diese Zusammenhänge stellte der Forscher und Aktivist Saurlin Siagian von der indonesischen NGO Lentera Rakyat bei einer Veranstaltung von Watch Indonesia am 20. März in Berlin dar. Seine englischsprachige Studie sowie eine Zusammenfassung auf Deutsch finden sich unter

Studie „THE LOSS OF REASON – Human Rights Violations in the Oil-Palm Plantations in Indonesia“

Brot für die Welt Fachinformationen 22 (dt. Zusammenfassung der Studie)

Brasilien: Agrartreibstoffe vertreiben die Guarani-Kaiowá von ihrem Land

Von der aktuellen Situation in Mato Grosso do Sul, nahe der Grenze zu Paraguay, berichteten am 6. Dezember 2010 Anastácio Peralta von den Guarani-Kaiowá, Egon Heck (Indianermissionsrat CIMI), Jônia Rodrigues (FIAN Brasilien) und Verena Glass (Repórter Brasil). Sie hatten zuvor schon bei Markus Löning, dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, und bei der brasilianischen Botschaft ihren Forderungen nach einer Verbesserung der Situation der Guarani-Kaiowá Gehör verschafft.

Die indigene Gruppe der Guarani-Kaiowá wurde in der Vergangenheit von ihrem Stammesland im Westen Brasiliens vertrieben, um Platz zu machen für Zuckerrohrplantagen und Viehzucht. Die Guarani-Kaiowá werden von den Landbesitzern mit Gewalt bedroht und müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen auf den Plantagen arbeiten.

Besuch Anastacio Guarani 2010

In der brasilianischen Botschaft
Copyright: Egon Heck, Archiv CIMI

Die brasilianische Regierung stützt die Zuckerindustrie, weil für die Zukunft verstärkte Exporte von Agrartreibstoffen geplant sind, gerade auch in die EU. Deswegen bemüht sich die brasilianische Botschaft, die Menschenrechtsverletzungen als Einzelfälle kleinzureden. Angesichts der geplanten Ausweitung des Zuckerrohranbaus in Mato Grosso do Sul und des starken Einflusses, den die Zuckerindustrie auf die lokale Politik hat, ist aber vielmehr zu befürchten, dass der jahrzehntelange Kampf der Guarani um ihr Land so schnell noch kein Ende finden wird. Zudem steigen verstärkt internationale Konzerne in die brasilianische Zuckerindustrie ein – auch hier sehen wir also ein Beispiel von Landgrabbing.

Copyright: Egon Heck, Archiv CIMI

Mehr zu den Forderungen der Guarani;. weitere Hintergrundinfos gibt es auch in der mittlerweile abgelaufenen Eilaktion. Wer Portugiesisch lesen kann, findet hier und hier zwei Berichte von Egon Heck über die Rundreise durch Norwegen, Belgien, Deutschland und die Schweiz. Ebenfalls auf Portugiesisch ist dieser Link zur Solidaritätskampagne mit den Guarani.

Zur Mythologie der Guarani gehört die Suche nach der Terra sem males, dem Land ohne Übel, dem Paradies. Die brasilianischen Gäste waren sich einig, dass dies angesichts der winterlichen Temperaturen nicht Europa sein könne … dennoch hatten wir gemeinsam viel Spaß beim Bau eines indianischen Schneemanns!

Besuch Anastacio Guarani 2010Besuch Anastacio Guarani 2010

Landgrabbing in Ghana – Wie Bauern mit falschen Versprechungen gelockt werden

Die Neokolonialisierung Afrikas durch ausländische Agrarkonzerne schreitet stetig voran. Mit von der Partie sind nicht nur Länder wie China oder die Golfstaaten, die sich Flächen zur Nahrungsmittelproduktion sichern, sondern auch europäische und deutsche Unternehmen – zur Produktion von Agrartreibstoffen. Das neue Energiekonzept der Bundesregierung lässt in dieser Hinsicht nichts Gutes erwarten – laut einem Artikel der Frankfurter Rundschau sollen bis zum Jahr 2050 85% des in Deutschland erzeugten Treibstoffs aus Biomasse stammen. Dies würde den Bedarf an importierten Agrartreibstoffen erheblich steigern. Was dieser Energiehunger für Bauern im Norden Ghanas bedeuten kann, hat der ghanaische Agrarökonom Bakari Nyari am Beispiel der Gemeinde Kusawgu beschrieben. Bakari Nyaris einfühlsamer Bericht über die Vorgänge im Norden Ghanas findet sich hier, ein Interview mit ihm bei biofuelwatch.

Die norwegische Firma BioFuel AS wollte dort die "größte Jatropha-Plantage der Welt" anlegen und hat den Bauern, die unter schwierigen Bedingungen vorwiegend Subsistenzwirtschaft betreiben, Arbeitsplätze und eine bessere Zukunft versprochen. Stattdessen wurde der Wald abgeholzt, den die Menschen vor Ort als Nahrungs- und Einnahmequelle nutzten. Die Abholzung bedroht gleichzeitig das Mikroklima. In Kusawgu ist es gelungen, das ursprünglich mit dem traditionellen Häuptling geschlossene Abkommen über die Überlassung von 38.000 ha Land nach längeren juristischen Auseinandersetzungen rückgängig zu machen. Der weltweite Trend hin zu immer mehr großflächigen Landnahmen ist damit aber noch längst nicht gestoppt.

Bakari Nyari wollte ursprünglich im Dezember in Berlin über seine Erfahrungen berichten, leider musste er die Reise aber wegen Krankheit absagen. Stattdessen findet nun am 17.12. eine Veranstaltung mit Edwyn Odeny aus Kenia statt.

Kein Brot für Öl – Der Agrartreibstoffboom und das Menschenrecht auf Nahrung

Anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10.12. veranstaltete FIAN-Berlin gemeinsam mit Rettet den Regenwald, INKOTA, der Evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg, dem FDCL und dem Indienkreis der Katholischen Kirchengemeinde St. Josef – Weißensee am 09.12.2009 ab 19 Uhr in der Paul-Gerhardt-Kirche einen Filmabend zu menschenrechtlichen Aspekten des Agrartreibstoffbooms. Das im Anschluss an den Film "Kein Brot für Öl – Biospritboom in Kolumbien" geplante Fachgespräch musste leider ohne die Regisseurin des Films, Renate Werner, stattfinden, da diese zeitgleich den Medienpreis Entwicklungspolitik entgegennahm.

Gemeinsam mit den über 50 Gästen diskutierten jedoch Vertreterinnen von FIAN-Berlin und Rettet den Regenwald über Menschenrechtsverletzungen durch großflächige Palmölplantagen (unter anderem) in Kolumbien und das bestehende Agrarhandelssystem.

Der Flyer mit Details zum Film befindet sich hier.

Am Donnerstag, den 25. März 2010 fand im Regenbogen-Kino eine zweite Veranstaltung in ähnliche Konstellation statt, an der diesmal auch die Regisseurin Renate Werner teilnahm. Das Podium war weiter besetzt mit Referentinnen von FIAN, INKOTA und Rettet den Regenwald. Das Regenbogenkino war ausgebucht an diesem Abend und über 60 BesucherInnen diskutierten weiter nach dem Film über die Problematik der Palmölplantagen, der Agrarspritquote in Europa und des globalisierten Argrarhandels im Allgemeinen.

Jatropha – der Wunderbusch? FIAN Berlin betreut neuen Fall in Indien

Längst sind Agrarkraftstoffe in die Kritik geraten, weil die Pflanzen, aus denen sie gewonnen werden, wertvolles Ackerland und Weideflächen vereinnahmen, die zur Versorgung der Menschen in den Produktionsländern dringend gebraucht würden. Dann plötzlich die scheinbare Lösung: Die Purgiernuss. Sie kann auch auf ausgelaugten Böden und ohne regelmäßige Niederschläge überleben, weshalb eine Flächenkonkurrenz zu Nahrungsmitteln angeblich nicht bestehe.

Die unter dem Fachnamen Jatropha curcas bekannte Pflanze stammt ursprünglich aus Mittelamerika, breitete sich durch Seefahrer jedoch bis nach Südamerika, Afrika und Asien aus und gilt heute als eine der effektivsten technisch nutzbaren Pflanzen. Diesen Ruf hat sie freilich nicht ihrer lokalen Nutzung als Abführmittel, für Seifen und Öllampen zu verdanken, sondern der Tatsache, dass aus dem Öl der giftigen Pflanze Agrartreibstoff gewonnen werden kann.

Jatrophaanbau in Indien

In Indien wird Jatropha schon seit Langem angepflanzt. Einerseits werden aus der Pflanze Dinge für den alltäglichen Gebrauch wie z. B. Lampenöl gewonnen, andererseits dient die Pflanze als Begrenzung für Weizen- und Reisfelder.

Wie in vielen Industrie- und Schwellenländern ist auch in Indien die Endlichkeit der Kraftstoffreserven als Problem erkannt worden. Die indische Regierung setzt daher frühzeitig auf so genannte erneuerbare Energien: Bis 2017 soll die Beimischungsquote von 20% erreicht werden. Angetrieben von dem Ziel, möglichst bald weitgehend unabhängig von Kraftstoffimporten zu sein, hat sich Indien zum weltweit größten Produktionsland von Pflanzenölen entwickelt. Dabei setzt auch das staatliche Biofuel Board des indischen Bundesstaates Uttarakhand besonders auf Jatropha .
Aufgabe des Biofuel Board ist es, die Gewinnung von Agrartreibstoffen zu fördern. Einerseits sollen bäuerliche Haushalte überzeugt werden, Pflanzen anzubauen, aus denen Treibstoffe gewonnen werden können. Dies soll vor allem mit Hilfe von Verträgen über Saatgutlieferungen und eine gesicherte Abnahme der Ernte gefördert werden. Andererseits wird der Agrartreibstoffsektor dadurch gefördert, dass entsprechende Energiepflanzen auf staatlichen Flächen, auf Waldfläche oder auf öffentlichem Gemeindeland (Panchayat land) angebaut werden.

Aktuell werden Regionalverwaltungen damit beauftragt, degradierte und qualitativ minderwertige Flächen zu ermitteln, die an Unternehmen, Dorfgemeinschaften und Gruppen verpachtet werden sollen, um Jatropha anzubauen. Diese Vorgänge beruhen auf dem Mythos, Jatropha könne auch ohne fruchtbares Land und mit wenig Wasser ertragreich angebaut werden. Tatsächlich braucht auch der Jatrophabusch ausreichend Nährstoffe und Wasser, um gute Erträge zu liefern. Selbst beim Anbau unter guten Bedingungen – beispielsweise auf den gut bewässerten und gedüngten Versuchsflächen des International Crops Research Institute for the Semi-Arid Tropics (ICRISAT) – dauert es jedoch etwa fünf Jahre bis zur Ernte der für den Agrartreibstoffproduktion verwendeten Jatropha-Nüsse. So warnt auch der Leiter der Jatrophaversuche am ICRISAT, Dr. Suhar P. Wani, davor, die Wirtschaft habe die Wissenschaft überholt. Um wirklich sicher zu gehen, dass der Anbau von Jatropha als Treibstoffquelle nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht, brauche es zunächst ausgiebige Forschung.

Diese Warnungen werden ignoriert. Einen klaren Ausschluss der Gebiete, die sich für Beweidung und Nahrungsmittelanbau eignen, geben die Bestimmungen, die der Landsuche der Regionalverwaltungen zu Grunde liegen, nicht her. Dreizehn Millionen Hektar so genanntes „wasteland“ (marginale Flächen) will der indische Staat gefunden haben. Auf dieser Fläche sollen in den kommenden Jahren Agrartreibstoffpflanzen angebaut werden. Das grundsätzliche Problem ist die Frage nach der Kategorisierung von Land in Indien. Waldgebiete dürfen explizit nicht als Ackerland benutzt werden. Diese Bestimmungen werden jedoch oft übergangen. Alternativ werden die Energiepflanzen als Bäume und somit als Wald definiert. Eine klare Definition und Eingrenzung des Begriffs „wasteland“ gibt es in Indien bisher nicht. So kommt es zu Landrechtskonflikten und Vertreibungen. Viele der 170 Mio. Landlosen in Indien, die auf die öffentlichen Gemeindeflächen angewiesen sind, um dort Brennholz zu sammeln oder ihr Vieh dort weiden zu lassen, sind von der Jatropha-Förderpolitik der indischen Regierung bedroht. Der Ausverkauf dieser Flächen für den Anbau von Jatropha hat fatale Konsequenzen für die Menschen. Hinzu kommt die Verschuldung kleinbäuerlicher Haushalte, die sich auf den Anbau von Jatropha einlassen, da die Pflanzen oft erst nach mehreren Jahren erste Erträge bringen.

Nicht nur die Eigenversorgung mit Agrartreibstoffen ist erklärtes Ziel der indischen Regierung. Auch ausländische Konzerne, die für den Export produzieren, kommen unter der indischen Agrartreibstoffpolitik auf ihre Kosten. So strebt beispielsweise das britische Unternehmen D1 Oil die Verarbeitung für den Weltmarkt an und setzt neben Pflanzungen in Afrika und Südamerika auch auf umfangreichen monokulturellen Anbau von Energiepflanzen in der Mehrzahl der 28 Bundesstaaten Indiens. Auch Archer Daniels Midland (ADM) aus den USA arbeitet zusammen mit seinem indischen Partner Tinna Oils & Chemicals Ltd. an der Herstellung von Jatropha-Diesel. Weitere Kooperationspartner von ADM sind die Daimler AG und Bayer CropScience, letztere Firma vor allem bei der Erforschung und Herstellung von Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden für den Jatrophaanbau. Ein weiterer Investor in den großflächigen Anbau der Jatrophapflanze ist das Unternehmen IKF Green Fuel, ein Tochterunternehmen der IKF Technologies aus Frankfurt/Main. Zusammen mit lokalen Firmen arbeitet IKF Green Fuel in den nordindischen Bundesstaaten Jarkhand und Orissa an Jatropha-Anpflanzungen auf 30.000 Hektar bis Ende 2009. Auch in weiteren 14 Bundesstaaten sind der Anbau und die Verarbeitung von Jatropha geplant.

Menschenrechtsverletzungen in Joligrant

Der Ort Joligrant liegt in Uttarakhand, einem relativ neuen Bundesstaat im Norden Indiens, der noch bis 2000 zu Uttar Pradesh gehörte. Die Bewohner/innen des Dorfes leben hauptsächlich von Viehhaltung zur Milchproduktion. Seit 2007 fördert die Regierung in Uttarakhand den Jatrophaanbau, v. a. in Waldgebieten. Das Dorf Joligrant verfügt über 767,5 ha landwirtschaftlich genutztes Land, 20 ha von der gewählten Gemeindeführung (Gran Panchayat) verwaltetes öffentliches Gemeindeland und 30 ha Waldgebiet. Sowohl auf den Gemeindeflächen als auch auf bisherigem Waldgebiet wurde Jatropha angepflanzt. Das Waldgebiet des Dorfes ist für das Leben der Menschen von Bedeutung, da es Feuerholz liefert und als Weidefläche besonders dem Vieh derer Weideflächen bietet, die nicht über eigenes Land verfügen. Letzteres gilt auch für das öffentliche Gemeindeland.

Aufgrund der negativen Auswirkungen auf ihre Lebensweise und ihre Nahrungsmittelversorgung hatten sich einige Dorfbewohner an FIAN Uttar Pradesh gewandt, um Unterstützung zu erhalten. Um auch über die Grenzen Indiens hinaus, in Deutschland – einem der Hauptimportländer von Agrartreibstoffen – ein Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen Tankfüllungen in Industrieländern und Menschenrechts-verletzungen in Entwicklungsländern zu schaffen, hat die Berliner FIAN-Gruppe die Betreuung des Falls übernommen.
Die Forderungen, in denen FIAN die Dorfbewohner/innen unterstützt, sind:

  • Zugang zum Waldgebiet und zu den Gemeindeweideflächen
  • Keine Gefährdung der Ernährungssicherheit der Bevölkerung durch Jatrophaanbau
  • Entschädigung für die Familien, die bereits betroffen sind

10.000 Unterschriften gegen Landraub überreicht!

Am 12.11.2009 haben VertreterInnen verschiedener Organisationen (darunter FIAN) 10.000 Unterschriften an die kolumbianische Botschafterin überreicht. Sie protestierten damit gegen die gewaltsame Vertreibung von zehntausenden Menschen in Kolumbien zu Gunsten von Palmölplantagen. Das Video dokumentiert die Postkartenübergabe und gibt Details zur Lage in Kolumbien. Zur Pressemitteilung zur Aktion von INKOTA hier klicken.

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Tag der Landlosen 2008

Am 17. April 1996 wurden in Brasilien 19 Landarbeiter nahe der Stadt Eldorado dos Carajás im Bundesstaat Pará von Polizisten erschossen, 81 Personen wurden verletzt. Die Personen waren TeilnehmerInnen des „Marsches für eine Agrarreform“, der am 10. April von 1.500 Familien landloser ArbeiterInnen ins Leben gerufen wurde. Die Protestierenden blockierten dabei die Bundesstraße PA-150. Der Staatssekretär für öffentliche Sicherheit von Pará, Paulo Sette Câmara, erteilte daraufhin am 17. April 1996 an die Polizei die Anweisung, „unter Anwendung notwendiger Mittel, inklusive Schusswaffengebrauch“ die Bundesstraße PA-150 von den Demonstranten zu räumen. Seit diesem Massaker wird jährlich der 17. April als „Tag der Landlosen“ in Erinnerung an die Opfer weltweit begangen.

La Via Campesina ist eine weltweite Vereinigung von Kleinbauern und –bäuerinnen, die für ihre Rechte kämpfen. FIAN und Via Campesina haben 1999 gemeinsam die Globale Kampagne für die Agrarreform gestartet. Der Indonesier Henry Saragih, Vorsitzender von Via Campesina, ist von der britischen Tageszeitung The Guardian im Januar als eine der „50 Personen, die die Erde retten könnten“ ausgezeichnet worden.

Gleich mit zwei Veranstaltungen hat sich die Berliner FIAN-Gruppe dieses Jahr an den Aktionen zum Tag den Tag der Landlosen beteiligt. Beide Aktionen – eine Informationsveranstaltung am Abend des 16.04.06 und eine Straßenaktion am 17.04. – richteten sich in diesem Jahr gegen den agroindustriellen Anbau von Agrotreibstoffen, sogenanntem Biosprit, der häufig zu Vertreibung von Kleinbäuerinnen und -bauern sowie Landlosen führt.

Gemeinsam mit Inkota, FDCL und Blue21 lud FIAN zu einem Abend mit Film und Diskussion ein. Mit über 100 BesucherInnen war das Kreuzberger L.U.X. an diesem Abend gut gefüllt. Der Film „Fette Beute – Indonesiens Palmöl-Wüste“ zeigt die Auswirkungen von Palmölanbau auf Kleinbauern und -bäuerinnen, Landlose und Indigene. Diese Gruppen sind von Verdrängung durch die Palmölplantagen bedroht. Ohne Land als Lebensgrundlage für den Anbau ist ihr Menschenrecht, sich zu ernähren, verletzt. Zudem werden für den Palmölanbau riesige Flächen des indonesischen Regenwalds vernichtet.

Tag der Landlosen 2008

Menschenrechtliche und ökologische Probleme ergeben sich aus dem Anbau von Agrotreibstoffen nicht nur in Indonesien, sondern auch in afrikanischen Staaten, wie Sandra Schuster von BLUE 21 aufzeigte. Dennoch wird Agrosprit derzeit als die ultimative Lösung gehandelt, wenn es darum geht, den Ausstoß von Kohlendioxid zu mindern. Auch die Bundesregierung und die EU halten an ihren Beimischungszielen fest – auch wenn Menschenrechts- und Umweltorganisationen seit langem darauf hinweisen, dass eine nachhaltige Produktion von Agrosprit kaum zu realisieren ist und ein Moratorium für den Import fordern. Film und Diskussionsbeiträge von Blue21, Inkota und FIAN machten deutlich, dass Biosprit keine Lösung für den Klimawandel sein kann – weder aus menschenrechtlicher noch aus ökologischer Perspektive. Im Anschluss an eine lebhafte Diskussion ließen BesucherInnen und VeranstalterInnen den Abend bei Musik von The Beez ausklingen.

Am nächsten Morgen ging es in ähnlicher Besetzung und mit regem Interesse seitens der Presse gleich weiter – diesmal mit einer Straßenaktion an einer Kreuzberger Tankstelle. In strömendem Regen tanzten die Puppen gegen Agrosprit, angefeuert durch die Samba-Klänge der Rythms of Resistance. AutofahrerInnen wurden mit frischem Biobrot bedacht – unter der Devise „Getreide auf den Tisch statt in den Tank“. Vom Dach eines benachbarten Hauses ließen Kletterer ein Banner herunter, das unübersehbar machte, was ohnehin offensichtlich ist: Biosprit macht Hunger!

Ein kurzer Demonstrationszug durch Kreuzberg führte zum Heinrichplatz, wo unter Pavillons Musik und VoKü von Food for Action für Wärme sorgten. Trotz strömendem Regen freuten sich noch ca. 30 Menschen an Essen, Informationen und einem Dach über dem Kopf.

Eine Publikation von FIAN International zum Thema Agrosprit in Lateinamerika findet sich hier (auf Spanisch)