Artikel zum Thema Indonesien

Der hohe Preis des Palmöls – Menschenrechtsverletzungen und Landkonflikte in Indonesien

Es taucht als „pflanzliches Öl“ in vielen Lebensmitteln auf, ebenso in Seifen, Kosmetika und Waschmitteln, und es wird zur Beimischung in Agrartreibstoffe verwendet – Palmöl ist ein wertvoller Rohstoff. Eine stetige Nachfrage auf dem Weltmarkt macht den Palmölanbau zu einem lukrativen Geschäft. Indonesien ist in den letzten Jahren zum weltweit größten Hersteller von Palmöl geworden und beliefert gemeinsam mit Malaysia knapp 90 % des Weltmarkts.

Der Palmölanbau geht zu Lasten der Regenwälder und provoziert Landkonflikte. Politiker und Polizei agieren dabei meistens auf der Seite der Plantagenbetreiber. Viele Landkonflikte in Indonesien entstehen dadurch, dass Landtitel doppelt vergeben werden und die Zuständigkeiten nicht klar geregelt sind. Während die lokale Bevölkerung ihre Landtitel auf Dorf- und Unterdistriktsebene erhält, stellen Firmen und Plantagenbesitzer ihre Anträge auf Provinz- oder Distriktebene.

Einige Firmen der indonesischen Palmölindustrie sind Mitglieder des Runden Tisches für Nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil – RSPO), einem Zusammenschluss von Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen, der sich bemüht, „nachhaltige“ Anbaumethoden zu fördern und Arbeiterrechte zu achten. Leider zeigen konkrete Fallbeispiele, dass die Firmen massiv gegen die Prinzipien des RSPO verstoßen, ohne dass sie mit Sanktionen belegt wurden.

Diese Zusammenhänge stellte der Forscher und Aktivist Saurlin Siagian von der indonesischen NGO Lentera Rakyat bei einer Veranstaltung von Watch Indonesia am 20. März in Berlin dar. Seine englischsprachige Studie sowie eine Zusammenfassung auf Deutsch finden sich unter

Studie „THE LOSS OF REASON – Human Rights Violations in the Oil-Palm Plantations in Indonesia“

Brot für die Welt Fachinformationen 22 (dt. Zusammenfassung der Studie)

Tag der Landlosen 2008

Am 17. April 1996 wurden in Brasilien 19 Landarbeiter nahe der Stadt Eldorado dos Carajás im Bundesstaat Pará von Polizisten erschossen, 81 Personen wurden verletzt. Die Personen waren TeilnehmerInnen des „Marsches für eine Agrarreform“, der am 10. April von 1.500 Familien landloser ArbeiterInnen ins Leben gerufen wurde. Die Protestierenden blockierten dabei die Bundesstraße PA-150. Der Staatssekretär für öffentliche Sicherheit von Pará, Paulo Sette Câmara, erteilte daraufhin am 17. April 1996 an die Polizei die Anweisung, „unter Anwendung notwendiger Mittel, inklusive Schusswaffengebrauch“ die Bundesstraße PA-150 von den Demonstranten zu räumen. Seit diesem Massaker wird jährlich der 17. April als „Tag der Landlosen“ in Erinnerung an die Opfer weltweit begangen.

La Via Campesina ist eine weltweite Vereinigung von Kleinbauern und –bäuerinnen, die für ihre Rechte kämpfen. FIAN und Via Campesina haben 1999 gemeinsam die Globale Kampagne für die Agrarreform gestartet. Der Indonesier Henry Saragih, Vorsitzender von Via Campesina, ist von der britischen Tageszeitung The Guardian im Januar als eine der „50 Personen, die die Erde retten könnten“ ausgezeichnet worden.

Gleich mit zwei Veranstaltungen hat sich die Berliner FIAN-Gruppe dieses Jahr an den Aktionen zum Tag den Tag der Landlosen beteiligt. Beide Aktionen – eine Informationsveranstaltung am Abend des 16.04.06 und eine Straßenaktion am 17.04. – richteten sich in diesem Jahr gegen den agroindustriellen Anbau von Agrotreibstoffen, sogenanntem Biosprit, der häufig zu Vertreibung von Kleinbäuerinnen und -bauern sowie Landlosen führt.

Gemeinsam mit Inkota, FDCL und Blue21 lud FIAN zu einem Abend mit Film und Diskussion ein. Mit über 100 BesucherInnen war das Kreuzberger L.U.X. an diesem Abend gut gefüllt. Der Film „Fette Beute – Indonesiens Palmöl-Wüste“ zeigt die Auswirkungen von Palmölanbau auf Kleinbauern und -bäuerinnen, Landlose und Indigene. Diese Gruppen sind von Verdrängung durch die Palmölplantagen bedroht. Ohne Land als Lebensgrundlage für den Anbau ist ihr Menschenrecht, sich zu ernähren, verletzt. Zudem werden für den Palmölanbau riesige Flächen des indonesischen Regenwalds vernichtet.

Tag der Landlosen 2008

Menschenrechtliche und ökologische Probleme ergeben sich aus dem Anbau von Agrotreibstoffen nicht nur in Indonesien, sondern auch in afrikanischen Staaten, wie Sandra Schuster von BLUE 21 aufzeigte. Dennoch wird Agrosprit derzeit als die ultimative Lösung gehandelt, wenn es darum geht, den Ausstoß von Kohlendioxid zu mindern. Auch die Bundesregierung und die EU halten an ihren Beimischungszielen fest – auch wenn Menschenrechts- und Umweltorganisationen seit langem darauf hinweisen, dass eine nachhaltige Produktion von Agrosprit kaum zu realisieren ist und ein Moratorium für den Import fordern. Film und Diskussionsbeiträge von Blue21, Inkota und FIAN machten deutlich, dass Biosprit keine Lösung für den Klimawandel sein kann – weder aus menschenrechtlicher noch aus ökologischer Perspektive. Im Anschluss an eine lebhafte Diskussion ließen BesucherInnen und VeranstalterInnen den Abend bei Musik von The Beez ausklingen.

Am nächsten Morgen ging es in ähnlicher Besetzung und mit regem Interesse seitens der Presse gleich weiter – diesmal mit einer Straßenaktion an einer Kreuzberger Tankstelle. In strömendem Regen tanzten die Puppen gegen Agrosprit, angefeuert durch die Samba-Klänge der Rythms of Resistance. AutofahrerInnen wurden mit frischem Biobrot bedacht – unter der Devise „Getreide auf den Tisch statt in den Tank“. Vom Dach eines benachbarten Hauses ließen Kletterer ein Banner herunter, das unübersehbar machte, was ohnehin offensichtlich ist: Biosprit macht Hunger!

Ein kurzer Demonstrationszug durch Kreuzberg führte zum Heinrichplatz, wo unter Pavillons Musik und VoKü von Food for Action für Wärme sorgten. Trotz strömendem Regen freuten sich noch ca. 30 Menschen an Essen, Informationen und einem Dach über dem Kopf.

Eine Publikation von FIAN International zum Thema Agrosprit in Lateinamerika findet sich hier (auf Spanisch)